24. Juni 2024

Es ist vollbracht!

Dank dieser Brücke kamen wir unbeschadet und trockenen Fußes über den Fluss Krka im gleichnamigen Nationalpark in Kroatien. Der Wert und die Wichtigkeit einer solchen Verbindung von Ufer zu Ufer ist nicht zu unterschätzen.

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Ein Bauwerk, das Verkehrswege über natürliche oder künstliche Hindernisse hinwegführt, kann ich einer Definition zufolge, die ich im Internet gefunden habe, als „Brücke“ bezeichnen. Durch die Brücke auf dem Foto ist es möglich, von der einen auf die andere Seite des Flusses zu kommen. Durch ihre Breite und durch das Geländer rechts und links ist das problemlos zu schaffen. Keine unlösbare Aufgabe, an deren Lösung ich scheitere.

Am Ende eines Schuljahres freuen sich viele auf die unterrichtsfreie Zeit in den bevorstehenden Sommerferien. Das, was zuvor Priorität hatte – Leistungen zu erbringen oder sie zu bewerten – steht in den nächsten Tagen und Wochen nicht wie sonst im Vordergrund. Im übertragenen Sinn darf ich mich aufmachen, die Brücke vom Schulende zum Ferienbeginn zu überqueren.

Kann ich es wagen, Jesus „Brückenbauer“ zu nennen? Wie ein Brückenbauer zwischen Himmel und Erde ist er. Jemand, der für die Verbindung zwischen Gott und den Menschen steht. Der biblischen Überlieferung nach ist er nicht vom Himmel gefallen: Geboren wurde Christus wie wir alle von einer Frau. Trotz aller Menschlichkeit ist er als Sohn Gottes Teil einer Welt, die wir mit den uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht erklären können. Und jetzt?

Es bedarf auch hier einer Brücke, um weiterzukommen. Nicht ans Ziel, sondern auf den Weg dorthin. Jesu Gebot der Gottes- und Nächstenliebe (vgl. in der Bibel im Lukasevangelium Lk. 10, 27f.) ist in diesem Zusammenhang Gabe und Aufgabe zugleich. Immer noch und immer wieder. Das eine ohne das andere gibt es nicht.

Gott kann ich zu lieben versuchen, weil er mir nicht so direkt widerspricht. Wie jemand, der mich nicht ausstehen kann. Weil ich so bin, wie ich bin. Nicht besser oder schlechter. Anders als andere.

Bei Menschen ist es manchmal schwieriger. Zwar antworten sie mir dann und wann – wenn sie es tun – anders als Gott es tun würde. Doch gibt es immer welche, die ich aus welchem Grund auch immer nicht mag. Menschen, die mich in meinem So-Sein unsympathisch finden.

Dank einer Brücke brauche ich auf einem Weg nicht stehenzubleiben. Ich muss nicht zu resignieren, weil alles Bemühen umsonst wäre. Umzukehren ist nicht erforderlich. Schritt für Schritt kann ich weitergehen und mich dem nähern, wohin ich mich aufgemacht habe.

Jesus ist eine Art Brücke zwischen Himmel und Erde. Durch eines der bekanntesten Gebete der Christenheit, das er nicht nur die Seinen gelehrt hat, stellt er wie eine Brücke eine Verbindung her zwischen Gott und den Menschen: „So sollt ihr beten: Vater unser im Himmel …“ (vgl. Mt. 6, 9-13), lehrt er jene, die ihm zuhören. Wenn ich bete, vertraue ich darauf, dass mich mein Gegenüber hört, an das ich mich wende. „Vater“ nennt Christus den, an den er sich wendet. Damit ist keine Einordnung in ein menschliches Geschlecht gemeint, doch ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen ihm und Gott Vater wird deutlich. „Abba“, „Vater,“ spricht ihn Jesus an. Nachzulesen in der Bibel bei den Evangelien in Mk. 14, 36 und bei Mt. 26, 29.

In unserer Sprache dürfte ich Gott als „Papa“ oder „Papi“ ansprechen. Als jemanden, der zu mir steht und mich nicht im Stich lässt. Sogar noch, wenn ich Fehler mache. Wenn ich diesen, meinen Vater enttäusche oder gar vor den Kopf stoße. Weil ich mich anders verhalte als ich es für ihn, für mich und für andere gut wäre. Von „Menschlichkeiten“ sprechen dabei die einen; andere nennen es „Sünde“ oder „Verfehlung“.

Bieten nicht die Tage in den Ferien die Möglichkeit, innezuhalten? Nicht nur im Urlaub auf andere Gedanken zu kommen. Sondern die Zeit, die ich habe, sinnvoll zu nutzen. Oder auch zu faulenzen und nichts zu machen. Verschwenden, vergeuden oder verzocken brauche ich sie dennoch nicht. Statt dessen könnte ich mir darüber Gedanken machen, welche Brücken ich warum zu denen bauen könnte, zu denen ich kommen möchte. Den Anfang dazu zu machen, ist manchmal leichter gesagt als getan. Doch wenn eine tragfähige und belastbare Verbindung wieder aufgebaut ist, freue ich mich über diese Brücke und bin dankbar dafür. Nicht nur in den Sommerferien.

Br. Clemens Wagner ofm, Schulseelsorger