4. Mai 2024

"Früher war sogar die Zukunft besser!"

Für die einen war er nur ein alter Grantler, dieser bayerische Komiker Karl Valentin. Mancher seiner Sprüche passt aber nach wie vor. Oder?

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Ob er damit Recht hat?

 

„Früher war sogar die Zukunft besser!“

In diesen bewegten Zeiten scheinen sie wieder häufiger aufzutauchen. Sprüche wie diese: „Früher war alles besser!“ „Damals hatten wir weniger Sorgen als heute!“ „Ich weiß noch, dass alles viel billiger war, als es heute ist!“ Manche Sehnsucht nach der „guten alten Zeit“ verbindet unterschiedliche Menschen über Grenzen hinweg.  Ich frage mich, ob die Vergangenheit tatsächlich so gut war, wie sie in meiner Erinnerung ist. Und jetzt?

Heute kennen ihn nicht mehr viele: Karl Valentin. Jenen bayerischen Komiker, Volkssänger und Autor, der 1948 schon verstorben ist. Überlebt haben ihn manche seiner Sprüche, die, wie ich meine, wenig an Aktualität verloren haben.

„Früher war sogar die Zukunft besser!“

Bei all dem, womit Menschen heute konfrontiert werden - ob sie das wollen oder nicht - stellt sich vielen immer öfter die Frage: Wie geht es weiter? Was kommt noch alles auf uns zu? An Schwierigkeiten. An Problemen. An neuen Sorgen. Niemand kann hellsehen. Keiner weiß, was morgen, geschweige denn, in zehn Jahren sein wird. Im und am Elisabeth-Gymnasium ist es ebenso.

Planlos in den Tag hineinzuleben, sich treiben zu lassen wie ein Stück Holz in einem Fluss, führt nicht weiter. Genauso wenig hilfreich scheint es mir, aus Angst vor dem Morgen das heimische Bett sicherheitshalber nicht mehr verlassen zu wollen. Weil mich die Angst quält, mit dem nicht mehr klarzukommen, was aus welchem Grund irgendwann einmal geschehen könnte. Oder eben auch nicht.

„Früher war sogar die Zukunft besser!“

Dieser Satz ist ein Widerspruch in sich. Die Spannung zwischen dem, was war und dem, was noch sein wird, bleibt bestehen. Jene Zeit, die der Gegenwart folgt, ist und bleibt eine Herausforderung. Weil ich sie von meiner heutigen Warte her nicht beeinflussen kann. Wann genau fängt die Zukunft an? Wenn die Gegenwart aufhört? Während ich auch im Schulalltag auf das warte, was kommt, vergrößert sich stetig das, was war. Mit jedem Tag, der vergeht, wird die Zukunft weniger. War doch die Zukunft früher besser, als es die Gegenwart heute ist? Auch im Elisabeth-Gymnasium? Oder merke ich erst im Rückblick, wie zukünftig das Heute war? Wortspielereien helfen nicht weiter. Und jetzt?

„Früher war sogar die Zukunft besser!“

Die Abiturprüfungen finden und fanden statt. Auch im Elisabeth-Gymnasium. Jetzt gilt es, zu zeigen, was jemand gelernt hat in den letzten Jahren seit Beginn der 5. Klasse. In der Zeit, die sie oder er dafür zur Verfügung hatte. Innerhalb und außerhalb der Schule. Zwar braucht es bei jedem Test auch ein Quäntchen Glück, um ein ansprechendes Ergebnis erreichen zu können. Doch mangelndes Fachwissen kompensiert das nicht. Es lässt sich trefflich darüber diskutieren, was eine Abschlussnote über den jeweiligen Menschen aussagen kann, der dahintersteckt. Nachweis einer entsprechenden fachlichen Qualifikation ist sie. Was ich in meiner Zukunft daraus mache, liegt nicht nur an mir selbst. In der Gegenwart stelle ich die Weichen für das, was kommt. Damit ich nicht auf einem Abstellgleis lande. Oder in einer Sackgasse ende. An Orten, in denen ich nicht mehr weiterkomme, sondern stehen- oder stecken bleibe. Es geht weiter. Tag für Tag. Denn es gibt auch ein Leben nach der Schule. Für Lernende und für die, die sie unterrichten und begleiten. Nicht erst in der Zukunft. In der Gegenwart. Immer wieder neu.

„Früher war sogar die Zukunft besser!“

Manches kann ich mit etwas gutem Willen beeinflussen. Nicht alles und jedes kann oder brauche ich (ver-)ändern. Das beginnt bei meinem Gegenüber, die oder der ganz anders ist als ich es bin. Mich kann ich beeinflussen lassen von all den Unheilspropheten, die vielerlei Gesichter, Ausdrucksformen und Erscheinungsweisen haben. Nicht nur in manchen Social Media Kanälen, bei Vernetzungen, Kommunikationen und Kooperationen im Internet wird massiv mit vielfachen Angstformen gespielt, beeinflusst und manipuliert. Nicht Jede und Jeder durchschaut sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt, was von wem aus welchem Grund wie wo gepostet wird. Kritisch zu bleiben, ist nicht verkehrt. Immer noch und immer wieder zu hinterfragen, was ich sehe, erlebe und womit ich konfrontiert werde, ist besser als ungesehen alles als gegeben zu akzeptieren.

In der Bibel wird vielfach vom „Kairos“ gesprochen – dem richtigen Zeitpunkt. Dem passenden, dem geeigneten, dem günstigen Moment, sich für oder gegen etwas zu entscheiden. Meistens kann mir das niemand abnehmen. Nicht nur einmal täglich stehe ich vor der Wahl, etwas zu tun oder es zu lassen. Für eine Entscheidung ist es nie zu spät. Weder in der Gegenwart noch in der Zukunft. Ob das, was ich getan oder gelassen habe, sich auch im Nachhinein noch als richtig erweist, kann mir niemand garantieren. Die Zukunft kann ich heute noch nicht benennen. Aber in meiner Gegenwart positive Akzente zu setzen für mich und für andere – das klappt. Innerhalb und außerhalb des Elisabeth-Gymnasiums.

Br. Clemens Wagner ofm, Schulseelsorger